Hallo Janine, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst ! Bitte stelle uns zu Beginn Dich und Dein Team bei NichtraucherHelden kurz vor:
Ich bin Janine und habe zusammen mit meinen drei Jungs, Andy, Alex und Falk die Idee für NichtraucherHelden mit auf den Weg gebracht. Wir sind ein total bunt gemischtes Gründerteam. Alexander Rupp ist als Lungenfacharzt, langjähriger Tabakentwöhner und ehemaliger Raucher unser fachlicher Kopf. Andy Bosch sorgt als Softwareentwickler für das technische Knowhow. Falk Müller ist Sportwissenschaftler und ich selbst bin Ernährungsmedizinerin. Wir beide bringen unsere Erfahrung aus zahlreichen Coachings und der Arbeit im Bereich des betrieblichen Gesundheitsmanagements mit ein und sorgen durch Fitness- und Ernährungsvideos dafür, dass unsere NichtraucherHelden nach dem Rauchstopp nicht zunehmen.
Vielleicht möchtest Du uns am Anfang unseres Interviews Euer Startup kurz vorstellen ?
Mit NichtraucherHelden unterstützen wir Raucher und Raucherinnen dabei, von ihrer Sucht loszukommen. Wir haben die Tabakentwöhnung digitalisiert und bieten mit unserem zertifizierten Online-Kurs und unserer Rauchfrei-App fachlich fundierte Hilfe für den erfolgreichen Rauchausstieg.
Welches Problem wollt Ihr mit NichtraucherHelden lösen ?
Wir wollen den Millionen Rauchern da draußen helfen, mit dem Rauchen aufzuhören. Und zwar auf eine moderne, flexible und anonyme Art und Weise. Weniger als 2% der Raucher, die einen Rauchstoppversuch unternehmen, nutzen einen Nichtraucherkurs vor Ort. Warum? Weil diese nicht immer in der Gegend angeboten werden, die fixen Zeiten nicht machbar sind, die Hemmschwelle total hoch ist oder das Format generell als nicht passend empfunden wird. Das Problem daran ist, dass Rauchstoppversuche ohne jegliche Unterstützung in 95 -97% der Fälle langfristig scheitern.
Wie ist die Idee zu NichtraucherHelden entstanden ?
Falk, Andy und ich kannten uns bereits aus einem früheren Projekt im Bereich Fitness und Ernährung. Wir wollten gemeinsam etwas im Bereich gesundes Leben starten und haben festgestellt, dass es im Bereich der Raucherentwöhnung zum damaligen Zeitpunkt online nicht wirklich etwas Seriöses gab. Da wir drei aber alle keine Experten auf dem Gebiet der Tabakentwöhnung waren, haben wir uns auf die Suche nach Unterstützung gemacht. So ist Alex mit in unser Gründerteam gekommen. Er war von Anfang an Feuer und Flamme für die Idee, eine umfangreiche Unterstützung beim Rauchtopp leichter zugänglich und moderner zu gestalten, da er selbst merkte, dass die Nachfrage an seinen Vorort-Kursen immer mehr zurückging.
Hat sich Euer Konzept seit dem Start irgendwie verändert ?
Am eigentlichen Konzept hat sich nichts geändert: wir machen nach wie vor Tabakentwöhnung nach dem Ansatz der kognitiven Verhaltenstherapie. Wir haben Coaching-Videos und ergänzende Übungen, mit denen wir unsere Teilnehmer auf den Rauchstopp vorbereiten. Verändert hat sich nur der Umfang und die „Darreichungsform“ – aber dazu später mehr.
Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell ?
Wir haben aktuell zwei zertifizierte Nichtraucherkurse, deren Kosten bis zu 100% von der Krankenkasse im Rahmen der Prävention übernommen werden. Unsere Teilnehmer melden sich bei an uns bezahlen die Kursgebühr direkt an uns. Am Ende erhalten sie eine Teilnahmebescheinigung, mit der sie die Kosten komplett oder anteilig von ihrer Krankenkasse zurückholen können. Mit einigen Krankenkassen haben wir Verträge, sodass sich deren Versicherte direkt kostenfrei bei uns anmelden können und wir wiederum mit der Kasse die Kosten abrechnen. Das ist für unsere Teilnehmer noch bequemer und die Hemmschwelle zur Anmeldung ist niedriger. Wir kooperieren außerdem auch mit Firmen, die ihren Mitarbeitern im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung Unterstützung beim Rauchstopp anbieten.
Wir haben zusätzlich in den letzten Monaten eine neue Medizin-App entwickelt, die speziell tabakabhängige Raucher und Raucherinnen beim Rauchstopp unterstützt und über drei Monate begleitet. Diese möchten wir ins DiGA-Verzeichnis bringen, d.h. unser Ziel ist es, dass die App zukünftig von Ärzten auf Rezept verordnet werden kann. Die gesetzlich Versicherten können die App dann kostenfrei nutzen und wir rechnen direkt mit den Krankenkassen ab. Noch ist das aber Zukunftsmusik für uns.
Wie genau hat sich NichtraucherHelden seit der Gründung entwickelt ?
Wir haben uns als Team 2016 zusammengefunden und haben unseren Online-Nichtraucherkurs entwickelt. Diesen haben wir dann nach § 20 SGB V zertifizieren lassen. Zudem haben wir einen zweiten Kurs entwickelt, der die frischgebackenen Nichtraucher/-innen auch nach dem Rauchstopp weitere 3 Monate aktiv begleitet. Irgendwann war klar: wir brauchen eine App zu unserem Online-Kurs, um state-of-the-art zu sein bzw. zu bleiben. Gesagt, getan haben wir eine App zu unserem Kurs entwickelt, die auch in einer kostenfreien Version genutzt werden kann. Anfang dieses Jahres haben wir dann das nächste große Projekt angepackt. Wir haben uns in den Kopf gesetzt, eine Medizin-App zu entwickeln, um bei dem Thema „App auf Rezept“ mitspielen zu können. Einige Monate harter Arbeit und so manches graues Haar später, haben wir nun kürzlich unser Etappenziel erreicht und den DiGA-Antrag zur Prüfung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eingereicht. Jetzt heißt es Daumen drücken!
Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Euer Startup inzwischen ?
Mit unserer Idee gestartet sind wie zu viert. Mittlerweile sind wir 10 Leute, die gemeinsam die Welt ein Stücken gesünder machen wollen.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen ?
So richtig komplett in die Hose gegangen ist tatsächlich noch nichts. Es gab z.B. Marketingmaßnahmen, die einfach so überhaupt nicht funktioniert haben und wir letztlich unnötig Geld verbrannt haben, aber ich denke das gehört dazu. Mann muss zu Beginn ausprobieren, welche Kanäle funktionieren und welche nicht.
Schief gegangen war damals unser erster Antrag auf Zertifizierung nach §20 SGB V bei der sogenannten zentralen Prüfstelle Prävention. Der wurde erstmal komplett abgelehnt. Beim zweiten Anlauf hat es dann aber funktioniert.
Was habt Ihr daraus gelernt ?
Wir haben gelernt, wie behördliche Einrichtungen arbeiten: streng nach Vorschrift. Da kann man nicht mit logischen Dingen oder fachlichen Argumenten kommen. Werden nicht alle Punkte eins zu eins erfüllt – egal ob sinnvoll beim eigenen Produkt oder nicht – dann gibt es ein Veto. Diskutieren bringt hier nichts. Man muss die Vorgaben zu 100% erfüllen – Punkt. Daran muss man sich gewöhnen und sich damit abfinden. Fürs nächste Mal wussten wir, wie der Hase läuft.
Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht ?
Mit der fachlichen Konzeption und der Umsetzung unseres Produkts haben wir wohl alles richtig gemacht. So erhalten wir fast täglich positives Feedback und teilweise richtige Dankesmails von unseren Teilnehmern, die uns dann auch immer ganz kräftig weiterempfehlen an Raucher und Raucherinnen in Ihrem Umfeld.
Wie ist Euer Startup finanziert ?
Wir sind aktuell noch immer schwäbisch finanziert, d.h. komplett aus Eigenkapital. Wir wollen allerdings nicht ausschließen, früher oder später auch Fremd- oder Risikokapital mit reinzunehmen, um uns v.a. unter der Ärzteschaft bekannter zu machen.
Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate ?
Das ist ganz einfach: ins DiGA-Verzeichnis zu kommen und von Ärzten verschrieben werden zu können. Wir wollen dann natürlich möglichst vielen Ärzten unsere App vorstellen, damit diese Vertrauen in uns und die App fassen und sie entsprechend auch Ihren Patienten verordnen.
Vielen Dank für das Interview.